Was ist Lipodystrophie?1,2

Lipodystrophiesyndrome sind äußerst seltene Erkrankungen. Das Hauptmerkmal ist das komplette (generalisierte) oder partielle Fehlen von Unterhautfettgewebe oder eine ungewöhnliche Fettverteilung. Der Verlust von Fettgewebe ist häufig mit schwerwiegenden Stoffwechselkomplikationen und Leptinmangel verbunden. Alle Lipodystrophie-Subtypen können mit Insulinresistenz, veränderter Glukosetoleranz oder Diabetes und Hypertriglyceridämie in Verbindung gebracht werden, was zu einem Risiko für akute Pankreatitis und Organschäden führt.

Pathophysiologie der Lipodystrophie1,2,3

Lipodystrophien können je nach Ausmaß des Fettgewebeverlusts den gesamten Körper betreffen oder nur bestimmte Körperregionen. Ebenfalls werden Lipodystrophien danach klassifiziert, ob sie vererbt oder erworben sind. Es kann zwischen vier Haupttypen, der angeborenen und erworbenen generalisierten Lipodystrophie (CGL, AGL) und der familiären und erworbenen partiellen Lipodystrophie (FPLD, APL) unterschieden werden. Bei allen Subtypen ist das Fettgewebe dramatisch reduziert, was zu zahlreichen metabolischen Komplikationen führt. Fettgewebe ist wichtig als Energiespeicher, um die Homöostase aufrechtzuerhalten und Hormone wie Leptin zu produzieren. Ein signifikanter Verlust an Fettgewebe kann zu einer signifikanten Stoffwechselstörung und einem Leptinmangel führen.

Generalisierte und partielle Lipodystrophien sind immer mit einem Mangel an subkutanem Fettgewebe verbunden. Das Ausmaß und der Ort des Fettgewebeverlusts hängen vom Subtyp der Lipodystrophie ab.1

In welcher Beziehung steht Leptin zur Lipodystrophie?1,2,4

Adipozyten (Fettzellen) haben eine endokrine Funktion und sezernieren Hormone (Adipokine), einschließlich Leptin. Leptin ist ein von Adipozyten sekretiertes Hormon, das die Energiehomöostase sowie die Stoffwechsel-, Fortpflanzungs-, neuroendokrine Aufgaben und Immunfunktionen reguliert. Normalerweise wird überschüssige Energie als Fett im Fettgewebe gespeichert. Bei der Lipodystrophie ist das Fettgewebe deutlich reduziert, was zu einem Leptinmangel und einer Überschreitung der Fettspeicherkapazität führt. In Kombination können diese ektopische Fettablagerungen und metabolische Komplikationen verursachen.

Bei Überschreitung der Fettspeicherkapazität wird die überschüssige Energie ektopisch gespeichert.1

Da in der generalisierten und partiellen Lipodystrophie wenig oder kein subkutanes Fettgewebe vorhanden ist, findet die Speicherung zunehmend in verbleibendem Fettgewebe des Körpers oder ektopisch in Leber, Herz, Nieren, Bauchspeicheldrüse und Muskeln statt. Ein durch den Verlust von Fettgewebe verursachter Leptinmangel trägt in erheblichem Maße zu den bei Lipodystrophiepatienten beobachteten Stoffwechselkomplikationen bei und führt insbesondere auch zu unstillbarem Hunger und einer übermäßigen Nahrungsaufnahme, was die Stoffwechselentgleisungen weiter verschärft.

Klinische Folgen eines Leptinmangels4,5,6

Fettgewebeverlust und damit einhergehender Leptinmangel können zu komplexen klinischen Manifestationen führen, wie Insulinresistenz bei schwer behandelbarem Diabetes mellitus (möglicherweise zusammen mit einer Acanthosis nigricans), polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS), Hypertriglyceridämie, Müdigkeit, Muskelschmerzen und unersättlichem Hunger (Hyperphagie).

Leptinmangel - Mangel an subkutanem Fettgewebe

Insulinresistenz

Patienten mit generalisierter und partieller Lipodystrophie haben oft einen Diabetes mit einem hohen Insulindosisbedarf.

  • ≥ 200 IE/Tag, ≥ 2 IE/kg/Körpergewicht

Hyperphagie

Unersättlicher Hunger und Hyperphagie durch Leptinmangel können zu einer erhöhten Kalorienaufnahme führen, was wiederum zu einer Verschlechterung des Stoffwechsels und vermehrter ektopischer Speicherung von Fett führen kann.

Ektopische Fettablagerung

Lipodystrophiepatienten haben ein heterogenes Erscheinungsbild. Es kann zu Fettansammlungen in Bereichen kommen, in welchen das Unterhautfett noch vorhanden ist und zu ektopischen Fettablagerungen in Muskeln und inneren Organen wie der Leber, den Nieren und dem Herz.

Hyper­triglyzeridämie

Schwere Hypertriglyzeridämie

  • ≥ 5,65mmol/L (≥ 500 mg/dL)
  • ≥ 2,83 mmol/L (≥250 mg/dL) trotz Behandlung und Diät
  • Anamnestisch durch Hypertriglyzeridämie bedingte Pankreatitis

Leptinmangel kann zu einer komplexen Erkrankung und schweren klinischen Folgen führen.1,4

Referenzen:
1 Brown et al., The Diagnosis and Management of Lipodystrophy Syndromes: A Multi-Society Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab. 2016; 101: 4500 – 4511.
2 Handelsman Y, Oral EA, Bloomgarden ZT, et al. The clinical approach to the detection of lipodystrophy – An AACE Consensus Statement. Endocr Pract 2013;19:107–116.
3 Nolis T. Exploring the pathophysiology behind the more common genetic and acquired lipodystrophies. J Hum Genet 2014;5:16-23.
4 Mantzoros CS, Magkos F, Brinkoetter M, et al. Leptin in human physiology and pathophysiology. Am J Physiol Endocrinol Metab 2011;301:E567–84.
5 Rodriguez AJ, Mastronardi CA, Paz-Filho GJ. New advances in the treatment of generalized lipodystrophy: role of metreleptin. Ther Clin Risk Manag 2015;11:1391-400.
6 Paz-Filho G, Mastronardi CA, Licinio J. Leptin treatment: facts and expectations. Metabolism 2015;64:146-56.