Symptome1

Lipodystrophie hat als Hauptmerkmal den vollständigen oder teilweisen Verlust von Fettgewebe und kann Männer und Frauen je nach Subtyp unterschiedlich betreffen. Charakteristische Anzeichen und Symptome können bei angeborener generalisierter Lipodystrophie (CGL) entweder von Geburt an oder in der frühen Kindheit sichtbar sein oder während der Pubertät in der familiären partiellen Form (FPLD) auftreten. Das auffällige Erscheinungsbild bei generalisierter und partieller Lipodystrophie und die einhergehenden Stoffwechselerkrankungen können jedoch zu einer Verdachtsdiagnose führen.

Klinische Merkmale1,2

Generalisierte und partielle Lipodystrophie gelten als Krankheiten mit vielen Gesichtern. Die verschiedenen Subtypen haben im Rahmen der Diagnostik sowohl Hauptmerkmale als auch unterstützende Merkmale, die den Verdacht auf die Krankheit erhöhen. Die wesentlichen klinischen Anomalien sind in einer internationalen Leitlinie1 zusammengefasst, die in Zusammenarbeit mit verschiedenen internationalen Ärzteverbänden entwickelt wurde:

Hauptmerkmale

Fehlen von subkutanem Fettgewebe
→ Leptinmangel

Diagnose unter­stützende Merkmale

Fehlen von subkutanem Fettgewebe
→ Leptinmangel

Pankreatitis

Hyper­triglyzeridämie

Frühe Kardiomyo­pathie

Polyzystisches Ovarialsyndrom

Diabetes mit Bedarf an hohen Insulindosen

Ausgeprägte Hyperphagie

Sekundärer Hypogona­dismus

Hepatomegalie

Amenorrhoe

Lipodystrophie-Patienten kennzeichnet ein teilweiser oder kompletter Verlust von Fettgewebe. Als Folge fehlt das Hormon Leptin, das von Adipozyten produziert wird. Dieser Leptinmangel verursacht normalerweise hohe Blutfettwerte und Insulinresistenzen, die zu einem schwer behandelbaren Diabetes führen können. Patienten können außerdem Hormonstörungen, Fertilitätsstörungen, unersättlichen Hunger / Hyperphagie und Lebererkrankungen aufgrund von Fetteinlagerungen aufweisen.

Diabetes mit hohem Insulinbedarf

Schwerwiegende Hypertriglyceridämie

  • ≥2 IE/kg/Körpergewicht, ≥ 200 IE/Tag

 

  • ≥ 5,65mmol/L (≥500 mg/dL
  • ≥ 2,83 mmol/L (≥250 mg/dL) trotz Behandlung und Diät
  • Anamnestisch durch Hypertriglyzeridämie bedingte Pankreatitis

Äußeres Erscheinungsbild1,2

Neben dem Verlust oder dem Mangel an Unterhautfettgewebe als charakteristischem Zeichen einer partiellen und generalisierten Lipodystrophie gibt es einige andere körperliche Befunde, die eine mögliche Diagnose einer Lipodystrophie stützen.

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Im Interview berichtet Prof. Dr. Martin Wabitsch der Universitätskinderklinik Ulm, auf welche äußeren Merkmale im klinischen Alltag verstärkt geachtet werden sollte, um eine Lipodystrophie besser diagnostizieren zu können.

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Akromegaloide Erscheinung

Progeroide Erscheinung

Cushingoide Erscheinung

Ausgeprägte Acanthosis nigricans

Eruptive Xanthome

Prominente Muskeln und Venen

Obwohl subkutaner Fettverlust ein zentrales Merkmal ist, ist er vorallem bei familiärer partieller Lipodystrophie möglicherweise nicht sofort offensichtlich. Der Fettabbau an Armen und Beinen kann bei angezogenen Patienten verborgen bleiben und es kann zu Fettansammlungen im Gesicht und am Nacken kommen, insbesondere bei Frauen. Die ektopen, innerhalb des Bauchraums, auftretenden Fettdepots mit einer entsprechenden Zunahme des Bauchumfangs und die Fettansammlung im Gesicht und am Nacken können zu einem cushingoiden oder adipösen Erscheinungsbild führen.
Bei der erworbenen Form der partiellen Lipodystrophie ist der Verlust des Fettgewebes meist allmählich und beginnt am Kopf und reicht bis zum Oberbauch. Es kann jedoch zu Fettansammlungen im Bereich des Gesäßes, der Hüften und der unteren Extremitäten kommen. Es entsteht das typische Erscheinungsbild von „Reiterhosen“.

Achten Sie auf Patienten mit einer ungewöhnlichen Fettverteilung und einem cushingoidem Erscheinungsbild: Sie könnten eine partielle Lipodystrophie haben!

Klinisches Ausmaß der Lipodystrophie1-3

Generalisierte und partielle Lipodystrophie verursachen schwerwiegende Komorbiditäten. Aus der Praxis geht hervor, dass mehr als 25 % der Patienten mit generalisierter und partieller Lipodystrophie an einer Schädigung von Herz4, Leber und Nieren5,6 leiden. Darüber hinaus ist die frühe Mortalität signifikant erhöht, einige Patienten sterben bereits vor dem 35. Lebensjahr4,7.

Hyperphagie

Durch Leptinmangel verursachte Hyperphagie kann zu einer erhöhten Aufnahme von Kalorien führen, was metabolische Komplikationen wie Diabetes weiter verschlimmert.

Diabetes

Bei Kindern mit Lipodystrophie liegt die Prävalenz von Diabetes je nach Subtyp zwischen 48 % und 70 %8.

Hypertriglyceridämie

Hypertriglyceridämie in Konzentrationen, die eine rezidivierende akute Pankreatitis auslösen können.

Hepatomegalie

Eine durch die Fettleber verursachte Hepatomegalie wird häufig festgestellt. Dies kann zu Steatohepatitis, Leberzirrhose oder sogar Leberversagen führen und zur Entwicklung von gastrointestinalen Blutungen und hepatozellulärem Karzinom führen.

Kardiomyopathie

In klinischen Studien weisen 55 % der Patienten mit generalisierter Lipodystrophie eine Kardiomyopathie auf4.

Vorzeitige Mortalität

Patienten mit Lipodystrophie können vorzeitig sterben. Hauptursachen sind: Herzerkrankungen (Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, Arrhythmie) und Lebererkrankungen (Leberversagen, gastrointestinale Blutung, hepatozelluläres Karzinom), Nierenversagen, akute Pankreatitis und Sepsis.

Referenzen:
1 Brown et al., The Diagnosis and Management of Lipodystrophy Syndromes: A Multi-Society Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab. 2016; 101: 4500 – 4511.
2 Handelsman Y, Oral EA, Bloomgarden ZT, et al. The clinical approach to the detection of lipodystrophy – An AACE Consensus Statement. Endocr Pract 2013;19:107–116.
3 Chan JL et al. Oral EA, Clinical classification and treatment of congenital and acquired lipodystrophy. Endocr. Pract 2010; 16(2):310-323. Doi:10.4158/EP09154.RA2010.
4 Lupsa BC, Sachdev V, Lungu AO, et al. Cardiomyopathy in congenital and acquired generalized lipodystrophy: a clinical assessment. Medicine (Baltimore) 2010;89:245–50.
5 Mantzoros CS, Magkos F, Brinkoetter M, et al. Leptin in human physiology and pathophysiology. Am J Physiol Endocrinol Metab 2011;301:E567–84.
6 Seip M. Generalized lipodystrophy. In: Frick P vHG, Miller AF, Prader A, Schoen R, WolfHP(eds), ed. Ergeb InnMedKinderheilkd: Springer Berlin;1971:59–95.
7 Van Maldergem L, Magre J, Khallouf TE, et al. Genotype-phenotype relationships in Berardinelli-Seip congenital lipodystrophy. J Med Genet 2002;39:722–33.
8 Gupta et al., Clinical Features and Management of non-HIV related Lipodystrophy in Children: A Systematic Review. J Clin Endocrinol Metab. 2017; 102: 363 – 374.
9 Burden of lllness Associated with lipodystrophy in Leptin Replacement Therapy-NaTve Patients: A Longitudinal Medical Chart Review Study. June 2018.